Hallo, in einem anderen Thread wurden Bewerbungen und Vorstellungsgespräche angesprochen. Das ist aber wohl so viele ein wichtiges Thema, dass es sich lohnt, ein eigenes Thema aufzumachen:
Hier meine Meinung / Erfahrungen:
Das wichtigste beim Vorstellungsgespräch eines Stotterers ist, dass er mit seinem Problem offen umgeht.
ich habe bei meinen letzten Vorstellungsgesprächen immer, wenn von den Gesprächspartnern das Thema nicht angeschnitten wurde, mich von mir aus dazu geäußert. (inzwischen bin ich sogar der Meinung, man sollte dies gleich am Anfang tun).
Dies gilt sowohl für starke Stotterer als auch für solche mit einem weniger hörbaren Problem.
Man könnte jetzt einwerfen: Wenn ich stark stottere merkt der Gesprächspartner es ja sowieso. Klar merkt er es, es ist aber ein Zeichen von Stärke und Problembeherrschung, wenn ich es selbst anspreche.
Wenn man kaum stottert, sollte man trotzdem am Anfang des Gesprächs angeben, dass man Stotterer ist. Ersten werden die Interviewer mehr auf den Inhalt des Gesprochenen achten als auf die Frage: "Irgend wie spricht der doch seltsam, da stimmt doch was nicht...". Zum anderen nimmt man sich den Druck, perfekt sprechen zu müssen.
Außerdem hat man's denke ich später beim Ausüben des Berufs leichter. Man nimmt sich den Druck, nicht als Stotterer aufzufallen, denn zumindest die Vorgesetzten wissen dann ja bescheid.
Generell habe ich festgestellt, dass mit unserem Problem in Vorstellungsgesprächen offen umgegangen wird.
Eine Aussage: "Wir stellen Sie aufgrund des Stotterns nicht ein, weil...." ist mir immer noch lieber als die Ausrede: "Leider haben wir uns für einen anderen Bewerber entschieden...".
Nur bei einem Unternehmen war die HR-Verantwortliche sichtlich verunsichert, mit einem Stotterer ein Vorstellungsgespräch durchzuführen. Sie war wohl noch unsicher als ich selbts, und ich hatte nicht meinen besten (Sprech-)Tag.
Bei allen anderen Gesprächen wurde ganz offen darüber gesprochen, wie ich mir den Kontakt mit Kunden vorstellen kann... etc.
Nach dem Stotterer-Training hatte ich nur ein Vorstellungsgespräch. Wir sprachen absolut offen über das Stottern, und mein Sprechen war fast ohne Unflüssigkeiten.
Ich habe von anderen gehört bzw. gelesen, dass sie direkt in der Bewerbung angegeben haben, sie sind Stotterer. Das würde ich nicht machen. Warum sollte man dem potentiellen Arbeitgeber schon direkt bei der Durchsicht der Bewerbung einen Grund zu einer Absage geben. Wenn ich das Stottern nicht angebe, lüge ich ja nicht, sondern teile nur eine Information nicht mit. Man hat im persönlichen Gespräch wohl besser die Möglichkeit, Vorurteile oder Ängste gegenüber Stotterern zu relativieren.
Man wird dann auch wahrscheinlich bei mehr Unternehmen eingeladen und hat so auch öfter die Möglichkeit, die Situation Vorstellungsgespräch zu üben.
So, das reicht erst mal; jetzt interessiert mich, welche Meinung Ihr zu diesem Thema habt, bzw. welche Erfahrungen Ihr gemacht habt.
Andreas