Meine Stotterer-Krisenbewältigung auch für andere !!

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  • Hallo Leute,


    dies ist mein erster Beitrag um anderen Stotterern anhand meiner persönlichen Stottererkariere einen so meine ich sehr wichtigen Weg aus dieser Situation aufzuzeigen.


    Ich bin 48 Jahre alt, stottere seit ca. dem 6. Lebens-jahr. Obwohl ich relativ wenig stottere hat mich dies unheimlich stark belastet und behindert undzwar so stark das sich fast alle meine Gedanken um ansteh-ende Sprachsituationen mit immer stärker werdenden
    Versagensängsten gedreht haben.


    Die Schule war sehr schlimm, immer die Angst etwas vorlesen oder vortragen zu müssen, im damaligen Be-ruf war ich im Telefonverkauf (Supertätikeit für einen Stotterer) obwohl Telefonieren anfangs der Horror war und ich selbst bei meinem Namen große Schwie-rigkeiten hatte.


    Mein gesamtes Umfeld hat von meiner selbst ver-schwiegen Problematik kaum etwas mitgekriegt weil ich durch folgendes System kaum stotterte. Mit einer inneren sprachlichen Vorabkontrolle habe ich alle Blockworte durch andere ersetzt die ich stotterfrei aussprechen konnte.


    Jeder könnte meinen super wo ist da das Problem ? Diese Vorabkontrolle bedeutet eine so ungeheuere Energieleistung die mindestens genauso anstrengend ist wie die tägliche Arbeit. Diese Doppelbelastung und die immer stärker werdenen Ängste führten nach und nach innerhalb ca. 30 Jahren ganz schleichend zu einer Angstneurose und einem Nervenzusammen-bruch.


    Dieses selbstzerstörrerische System hat der Körper und die Seele nicht mehr verkraftet. Anschließend war ich 9 Monate krankgeschrieben und mit meiner fast 4-monatige Behandlung in einer psychosomatisch-en Reha-Klinik kam die Wende.


    Ich habe lernen müssen offen mit anderen über meine Probleme zu sprechen, Hilfe von anderen anzunehmen, meinen Sprachfehler als einen Teil von mir anzunehmen u. zu akzeptieren. Während der Therapie mußte ich mein Vermeidungsverhalten radikal ändern zum Beispiel in einer Kneipe vor den Gästen beim Kellner etwas bestellen und noch zusätzlich besonders stark stottern.


    Meine Ängste ausgelacht oder irgendwie ausgegrenzt zu werden traf überhaupt nicht ein im Gegenteil den anderen Gästen interessierte dies überhaupt nicht nur der Kellner tat mir ein bißchen leid da er unwiss-endlich als Versuchsobjekt herhalten mußte. Die eigene Phantasie stimmt oftmals mit der Realität nicht überein und dies zu erkennen lernen hilft viel.


    Meine gesamten Gedanken waren damals nur darauf fixiert sprachlich nicht zu versagen. Dies erzeugte in mir so einen ungeheureren Druck das ich durch diese Versagensägste immer mehr stotterte.


    Als ich anfing offen über mein stottern zu reden stellte ich fest das das stotteren mein persönliches Umfeld nicht störte und andere Charaktereigen-schaften dem Freundes- und Bekanntenkreis viel wichtiger sind.


    Wenn dieser Druck abnimmt und man offen darüber reden kann ist der erste wichtige Schritt getan. Das aller wichtigste ist jedoch seine Ängste zu besiegen d.h. jeder muß sich und das trifft auf jeden Men - schen zu den Situationen stellen mit dem größten Angstpotenzial.


    Diese Kehrtwendung aus dem bisher praktiziertem Vermeidungsverhalten ist das schwierigste. Jeder der das schaft lebt erheblich entspannter und gelassener was sich bei mir als Nebeneffekt natürlich auch posi-tiv auf die Sprache aufwirkt. Mir ist es fast egal ob ich stottere und gerade dadaurch stottere ich weniger.


    Jedes Vermeidungsverhalten auch wenn es noch so bequem ist ist für das eigene Selbstvertrauen eine Niederlage und jede Angstbewältigung auch wenn sie noch so schwierig ist ein ungeheurer Sieg und mit jedem Sieg wächst das so wichtige Selbstvertrauen und die Ängste schwinden nach und nach.


    Dieses Selbstvertrauen das nicht von alleine kommt sondern das sich jeder hart erarbeiten muss ist ex-trem wichtig. Stottern ist hauptsächlich ein mentales Problem ausgelöst durch Versagenängste d.h. Angst die eigene Sprache in der ÖFFENTLICHKEIT wieder und wieder nicht kontrollieren zu können denn soweit mir bekannt ist stottert keiner wenn er für sich ganz alleine ist.


    Für mich hört sich dies im nachhinein so einfach an und doch war der Weg dahin ungemein schwierig. Ich empfehle jedem schneller wie ich die Probleme anzugehen um sich unnötigen Leidensdruck zu er-sparen.


    Der Sinn dieses Schreiben sollte sein nicht nur auf die auch sehr wichtigen Sprachtechniken zu achten son-dern die meinerseits noch wichtigere zentrale Wirk-ung der Angstbewältigung zu berücksichtigen. Ohne fremde professionelle Hilfe kam ich auch als Erwachse-ner aus meinem damaligen gedanklichen Teufelskreis nicht heraus und kann sie nur jedem empfehlen.


    Kein Nichtstotterer kann die Prolematik des stotterns auch nur annähernd nachempfinden, wie auch. Wenn auch nur einem diese Zeilen etwas geholfen haben bin ich sehr zufrieden.



    Mit freundlichem Gruß


    Till Hofer

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Till!


    Einen sehr schönen, lehrreichen Beitrag hast Du geschrieben. Danke! Deine Erfahrungen sind sehr wertvoll und für viele sicher auch hilfreich. Wie Du schon sagtest, ist das Akzeptieren des Stotterns ein wichtiger Schritt, der die Grundlage für weitere Entwicklungen hin zum angstfreien Sprechen (Stottern) bilden kann bzw. sein wird.


    Das Anwenden einer Sprechtechnik hilft, gezielt flüssiger zu werden, das Outen, das zu dem Stottern stehen setzt die gewohnten Angstmechanismen außer Kraft bzw. mildert sie ab. Nun könnte man nach diesen Schritten weiter gehen und z.B. durch Meditation (hier der Link zum Thema) die gewonnene Gelassenheit und Sicherheit vertiefen und auch in anderen Lebensbereichen eine ebenso positive Lebenseinstellung erreichen.


    Ich freue mich auf weiteren Erfahrungsaustausch!


    Alles Liebe
    Hans

  • Hi,
    ich habe auch sehr gute Erfahrungen gemacht mit dem "outen", wobei es mir letztens schon fast peinlich war. Da ich einen Termin beim Arbeitsvermittler von der Bundesagentur für Arbeit hatte, musste ich 2 Tage vorher alle Unterlagen einreichen so daß er sich auf das Gespräch vorbereiten konnte bzw. schon ein paar Bewerbungsstellen bereit haben könnte. Damit er jetzt nicht mit lauter Stellen die was mit telefonieren z.B. zu tun haben ankäme, habe ich unter Bemerkungen schon mal geschrieben: "Ich bin Stotterin". Nun saß ich da schon fast eine Stunde und sprach fließend und am Ende bezweifelte er schon meine Aussage worauf ich es ihm quasi schwören musste. Na ja, und so geht es mir tagtäglich, sobald ich mich oute stottere ich nicht bzw. kaum und wenn, dann habe ich jetzt den Vorteil daß ich weiß wie ich aus dem Block schnell und elegant "rauskomme" ;) und das hört sich einfach so an wie jede "normal-sprechende" Person die erstmal nach Luft schnappt und sich nochmal überlegt was sie überhaupt sagen will :D


    Liebe Grüße
    Bienchen

  • Hi,


    vielen Dank für Deine Zeilen. Den Inhalt kann ich voll bestätigen und deckt sich mit meinen Erfahrungen. Egal was man für Probleme hat ob nun stottern oder andere hilft das outen ungemein undzwar in erster Linie einem selber. Man muss dahin kommen das es einem völlig egal ist was andere Menschen über einen denken wenn man z.B. stottert.


    Wenn ich beim Bäcker in der Schlange stehe und beim Bestellen stottere ist das auch mir immer noch unangenehm wenn manche einen komisch anschauen. Aber eigendlich muss man sich fragen warum überhaupt.


    Sollen diese Menschen doch denken was Sie wollen. Was diese mir unbekannten anonümen Menschen über mich denken oder auch nicht sollte einem wirklich egal sein. Wichtig ist das persönliche nahe Umfeld wie Familien- und Freundeskreis.


    Meine Überzeugung ist das derjenige der ganz offen über seine Probleme redet und damit umgeht seine Probleme schon fast gelöst hat da die bisherigen Ängste Ihre Macht über uns verlieren.


    Im Gegenteil die Menschen die sich outen gewinnen ungemein an Sympathie da sich dadurch auch andere Mitmenschen sich trauen über Ihre meist ganz anderen Probleme zu reden.Wenn ich angefangen habe über meine Stotterproblematik zu reden endete das Gespräch immer mit den Problemen meines Gesprächspartners.


    Einfach sich trauen und ausbrechen aus dem Schema seine Fassade immer auf Hochglanz zu polieren. Jeder wird positiv überrascht sein welches Verständnis einem entgegen gebracht wird.


    Liebe Grüße


    Till