Beiträge von beech

Kostenlos: 5 Übungen gegen Stottern

Mit unseren erprobten Übungen lernst Du, Dein Stottern zu reduzieren – kostenlos und von zuhause.

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    as Telefon klingelte. Warum klingelte dieses scheiß Ding immer nur dann, wenn die Eltern nicht zu Hause waren? Tim wußte, dass dieses ekelhafte grüne Teil mit den 16 unnützen Knöpfen (er benutzte sie ja sowieso nie) ihn haßte. Es mußte ihn hassen, warum sollte es sonst klingeln? Alle Telefone hatten Tim gehaßt, vor allen Dingen dasjenige mit der altmodischen Wahlscheibe, dessen Klingeln man noch nicht leiser schalten konnte.
    Das Telefon klingelte, und Tim wußte nicht, was er tun sollte. Sollte er tatsächlich herangehen, und versuchen, seinen Namen zu nennen, während der Mensch am anderen Ende der Leitung entweder in den Hörer lachte oder Tim anmeckerte, er sollte schneller reden? Tim hatte das oft erlebt, und er hatte verständlicherweise auch keine Lust mehr auf dieses Erlebnis. Seit einigen Wochen hatte er einen neuen Weg gefunden, seinem Namen beim Telefonieren aus dem Weg zu gehen. Und zwar gab es ein Wort, das er meistens flüssig herausbringen konnte, und das war das Wort “Ja”. Dieses als Frage formuliert hatte ihm in den letzten Wochen einige Mißerfolge erspart, und somit war es für ihn wesentlich leichter, dem Telefonat entgegenzugehen. Er mußte einfach nur “Ja?” sagen, und damit war der Anfang des Gesprächs schon gemacht. Meistens wollte man ein Elternteil sprechen, dann konnte er mit einigen Synonymen und Überlegungspausen sagen: “Nein, äh, d, äh, meine E, äh, die sind nicht da.” Das hörte sich zwar arg bescheuert an, aber es war immer noch besser, als stottern zu müssen. Ganz schlimm war für Tim, dass er seinen Gesprächspartner nicht sehen konnte, und somit konnte er auch nicht sehen, ob der Gesprächspartner seine Stottern lustig fand oder nicht. Das ver-unsicherte ihn mehr, als wenn ihm jemand bei einem Stotterblock ins Gesicht lachte. Also versuchte er, besonders am Telefon immer flüssig zu reden. Wie er das tat? Wie schon gesagt, durch Umtau-schen der Wörter und durch gelegentliches Einschieben einer Überlegungspause. Man könnte jetzt sagen, das sei doch eine gute Sache, dann müßte ein Stotterer ja nie wieder stottern. Dass diese Überlegung allerdings ein wirklich schwacher Bindfaden ist, sollte Tim aber auch schon im nächsten Moment auf unangenehmste Weise klar werden.
    Er nahm all seinen Mut zusammen, hob den Telefonhörer ab und sagte:“Ja?”
    “Ja, hallo? Wer ist denn da?”
    Was sollte denn jetzt diese Frage?! Wie konnte der Mann am anderen Ende eine solche Frage stel-len? Er hatte doch die Nummer der Familie Habermann gewählt, also mußte er doch davon ausge-hen, dass ein Habermann drangehen würde. Was sollte Tim denn jetzt tun? Seine Brust zog sich vor Angst zusammen, und er konnte kaum noch atmen. Ein tonnenschwerer Stein drohte ihn zu ersticken.
    Das Blut der Angst lief seinen Rücken herab und fand einen Schleichweg durch die Jeans und an den Beinen hinunter. Tim stand dort in dem Wohnungsflur, seine Beine und Hände äfften die eines 100jährigen Opas nach. Leise hörten seine Ohren die Küchenuhr ticken.
    Ticktick, ticktick, ticktick.
    Sie tickte so unglaublich viele Male, der Sekundenzeiger war bestimmt schon oft vollständig herum-gelaufen, hatte die Minuten umkreist wie tanzende Indianer das Feuer.
    Und der Typ am anderen Ende wartete immer noch auf eine Antwort. Tim hatte große Lust, einfach den Hörer hinzuschmeißen und dem anderen nicht zu antworten. Aber was hätte er dann davon? Der andere würde noch mal anrufen und wieder fragen, wer am Apparat sei. Hektisch, wie ein gejagtes Tier, sah er sich im Wohnungsflur um. Alles war so beängstigend leer, so erbarmungslos kahl und einsam. Wenn doch Tims Mutter jetzt hier wäre, dann könnte er ihr den Hörer in die Hand drücken und wäre den Mann für alle Ewigkeiten los. Aber sie war nicht hier, sie war einkaufen. Warum war sie gerade jetzt einkaufen? Weil die Welt im Prinzip schlecht war.
    Weil der Mann am anderen Ende ihn haßte. Weil so etwas nur Tim passierte.
    Sowieso waren alle Anrufer seine Feinde, denn sie alle lachten ihn aus, zumindest glaubte Tim das. Und weil er das zu wissen glaubte, hatte er auch einen Haß auf diese Leute.
    “Wer ist denn da?”

    Recht hast Du, Beech!


    Hier also mal ein Ausschnitt aus meiner Erzählung. Und wenn Ihr wollt, könnt Ihr ja auch mal zu der URL gehen, die Beech schon angegeben hat. http://www.stott.de/buch.pdf
    In diesem Sinne,Bloody.



    Telefon


    Alle saßen in dem kleinen Versammlungsraum der Mitarbeiter. Sie mußten sich ziemlich drängen, und manche mußten stehen. Zwischen den beiden Fenstern hing ein kleiner Zettel, auf dem alle Namen der Teilnehmer des Kurses 12 mit Namen und Alter vermerkt waren. Auf dem Tisch in der Mitte des Rau-mes lag das sogenannte Nachtwachenbuch, in dem ebenfalls alle Namen aufgelistet waren, mit den Zu-sätzen, wann die Patienten ins Bett gehen sollten und auf welche Patienten die Nachtwache am meisten achten sollte. In dieser Gruppe war es Magdalena, die besondere Achtsamkeit benötigte. Denn sie hatte ständig irgendwelche neuen Krankheitsbilder vorzuweisen, die fast unberechenbar waren.
    Dicke Aktenordner, Stifte, Stempel, leeres Papier. Dieser Raum war die Schaltzentrale, in der sozusa-gen entschieden wurde, was der einzelne Patient so zu tun hatte, aber bis auf ein Buch, das im Zimmer lag und ‘Erfolg in der Stotterertherapie’ hieß, hätte ein Unwissender niemals damit gerechnet, dass von hier aus im Jahr ungefähr 20 Stotternden geholfen wurde. Dieser Raum hatte nichts von dem Geruch des Stotterns, nichts von dieser erdrückenden Traurigkeit, die die meisten Behinderten (egal, in welcher Weise sie behindert sind) befällt, wenn sie auf ihre Behinderung aufmerksam gemacht werden. Es war Tim direkt aufgefallen, als er dieses Haus zum ersten Male betreten hatte: das Stottern wurde hier durch Akten und Bücher zu etwas nicht Emotionalem, und das störte ihn.
    Wo war die Trostlosigkeit in diesen Räumen? Es konnte doch nicht sein, dass sie ihn als einen unter vielen in einer Akte vermerkten, ohne daneben zu schreiben, wie schlecht es ihm im Moment ging. Sie konnten doch nicht all seine selbstvernichtenden Gedanken außer Acht lassen und einfach so eine The-rapie mit ihm durchführen. In der Schule, zu Hause, überall hatte er Gelegenheit, sich selbst an die Pro-bleme, die das Stottern so mit sich führte, zu erinnern. In der Schule zum Beispiel mußte er nur die Türklinke des Haupteingangs herunterdrücken und schon wurde ihm klar, er würde heute wieder derbe auf die Schnauze fallen, weil er Geschichtsunterricht hatte und wahrscheinlich das nächste Kapitel refe-rieren müßte. Zu Hause brauchte er nur an dem Telefon vorbeizugehen, und im gleichen Moment ver-kroch er sich in sein Zimmer und dachte darüber nach, dass das Telefon eine ganz schlechte Sache war. Aber hier in der Klinik hatte es in den letzten Tagen so etwas nicht gegeben. Gleich von Anfang an hatte der Therapeut, zum Beispiel durch die Aufnahme auf das Videoband, Tims Problem verwissenschaft-licht, also mit anderen Worten jahrelange Selbstmitleidsphasen, Gedanken und Wutanfälle in den geisti-gen Papierkorb geschmissen, um die Festplatte für eine neue, wissenschaftliche Art zu denken freizuge-ben. Natürlich ist es schwer zu verstehen, aber Tim hatte sich an diese Trostlosigkeit des Stotterns ge-wöhnt. Er wußte nicht, ob er bereit war, die Welt dieser Trostlosigkeit aufzugeben und in die Welt der Wissenschaft einzusteigen, denn wenn diese Therapie fehlschlagen würde, müßte er zur Trostlosigkeit zurückgehen und sie anflehen, dass sie ihn wieder zu sich aufnahm.
    Aber noch war es ja auch noch nicht so weit, dass er sich endgültig von seiner Negativwelt loslösen mußte, denn noch hatte Tim im Prinzip keinen einzigen Schritt nach vorne gemacht, und es standen ihm noch einige schwierige - und zu diesem Zeitpunkt noch unlösbare – Aufgaben bevor, und es würde wahrscheinlich noch sehr lange dauern, bis er sein eigenes Stottern vollkommen wissenschaftlich sehen würde.
    Der Therapeut hatte der Gruppe am Morgen mitgeteilt, dass sie an diesem heutigen Donnerstag einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung gehen würden: sie würden telefonieren!
    Fast allen, bis auf Sven, Claudia und vielleicht auch Paolo, machte diese Vorstellung sehr große Angst. Sie sollten telefonieren? Sie sollten die schlimmste Erfindung, die die Menschheit jemals hervorgebracht hatte, benutzen? Sie sollten eine ihrer tiefsten Überzeugungen verneinen, nämlich die, dass sie nicht fähig waren zu telefonieren? Die meisten konnten sich das nicht so richtig vorstellen. Denn in den Köp-fen der meisten Gruppenmitglieder hätte man, wenn man diese mal aufgeschraubt hätte, einen übergro-ßen, neuartigen Tumor gefunden. Der Name des Tumors: “Ichkanndasnicht”, oder auch “Ichtudas-nicht”.
    Jetzt saßen sie also in diesem Raum und starrten auf das Telefon in der Mitte das Raumes auf einem sechseckigen Tisch. Das Telefon besaß diese neue Schnellwahlfunktion, das heißt, man mußte nur wählen und im gleichen Moment klingelte es dann auch schon.
    “Wovor haben Sie beim Telefonieren am meisten Angst?”, fragte der Therapeut neugierig, obwohl er natürlich, nach jahrelanger Therapieerfahrung und auch Erfahrung mit sich selbst als Stotterer, genau wußte wovor. Tim wußte nicht so präzise, wovor er am meisten Angst hatte. Er versuchte, sich an eini-ge Mißerfolge mit dem heimischen Telefon zu erinnern.

    Hallo Bjoern!
    entschuldige, daß ich mich hier als Nicht-Stotterer mal einklinke, aber ich fände es toll, wenn du dir mal die Mühe machen würdest, deinen Erfahrungsbericht trotzdem mal ausschnittsweise hier zu posten, dann könnten andere vielleicht auch Ihre Kommentare dazu schreiben...;)


    Du kannst übrigens hier auch direkt Links einfügen!
    Hier der Link zu Deinem Bericht:
    http://www.stott.de/buch.pdf
    Viele Grüße vopm Beech



    PS: Bilder und Filme und alles andere was so im Netz ist können auch direkt hier eingefügt werden:


    Übertrag asu dem alten Forum
    Bjoern schrieb:


    Hallo!
    This is Bloody Björn writing. Ich möchte darauf hinweisen, dass einer der längsten Erfahrungsberichte über eine Sprachtherapie unter dem Titel "Gruppenthe-te-therapie" von der Homepage vom Hans downgeloadet werden kann. Ich freue mich über jede Kritik.
    Björn (ein junger, gutaussehender Schriftsteller aus Bochum)

    Hallo, Aurora!


    Die BEK (Barmer) hat in der Vergangenheit die Kosten in Einzelfallentscheidungen übernommen. Wenn Du möchtest, schicke ich Dir nach dem Seminar 5. bis 9. August in Wildberg-Schönbronn einen erfolgreichen Briefwechsel mit der BEK zu. Hartnäckig muss man bei allen KK sein .


    Schick mir einfach eine E-Mail mit Deiner Adresse über [email protected] zu oder benutze das Kontaktformular auf den Internetseiten.


    Bis übernächste Woche!
    Liebe Grüße
    Hans

    Übertrag aus dem alten Forum
    Aurora schrieb:


    Hallo ihr,
    Bin ganz neu hier und hab' vor einen von den angebotenen "Kursen" zu besuchen, das Konzept hat mich einfach überzeugt und die Erfahrungsberichte klingen sehr vielversprechend
    Nun zu meiner Frage: Inwieweit spielt die Krankenkasse mit? Klappt es bei bestimmten Kassen praktisch immer, bei welchen muss man hartnäckig sein und welche weigern sich gänzlich zu zahlen? Welche Art der Argumentation hat sich bei den Kassen als erfolgreich erwiesen? Wie stehen meine Chancen mit der BEK?
    Hoffe ihr könnt mir helfen, vielen Dank schon mal im voraus
    Cya!

    Das, was nun passiert ist, nenne ich mal den Zerfall eines „Systems“. Und nun doch ein wenig Theorie:


    Nach Luhmann ist ein System eine Kommunikationsform, die sich in einen binären Code unterteilt und innerhalb der „Gesellschaft“ als Summe von Systemen eine Funktion ausübt. Das System „Recht“ beinhaltet beispielsweise den binären Code Recht/Unrecht und hat die Funktion der Rechtssprechung. Alle anderen Systeme, die sich um das System Recht ansiedeln, bilden dessen Umwelt. Umwelt ist alles andere.


    Wenn der binäre Code eines Systems wegfällt, dann kann dieses System nicht mehr bestehen. Es muss ersetzt werden. Wenn kein anderes System an dessen Stelle rückt, dann ist es die Umwelt, also die anderen Systeme, die das System ersetzen.


    Wenn ich nun ein Referat halten muss, und ich denke über mein Sprechen nach, dann tritt wie schon beschrieben großer Stress auf und der binäre Code Sieg/Niederlage macht sich in meinem Kopf breit. Da Referate (es sei noch einmal erinnert, dass es sich hier nur um ein Beispiel handelt – es könnte auch genauso gut das Telefonat mit Herrn X oder das Kundengespräch mit Frau Y sein) bisher in der Regel sprachlich absolut gescheitert sind, ist die Umwelt, die dieses System „Referat Halten“ oder „Sprechen“ umgibt, die des „Scheiterns“. Die gesamte Umwelt hat in diesem Moment denselben Inhalt wie die negative Seite des binären Codes in diesem System. Mache ich mir meine Umwelt bewusst, fällt mir also ein, dass ich bisher immer versagt habe, wird diese Umwelt die negative Seite dieses Codes so sehr unterstützen, dass sie die positive besiegt und eliminiert. Ist der Gedanke an den Erfolg aus dem Weg geräumt, nimmt die Umwelt meine Gedanken ein, und ich befinde mich in eben diesem Chaos, von welchem ich weiter oben schreibe.


    Dieser Vorfall ist eine Miniatur dessen, was in einer Stotterertherapie passieren kann. Wenn ich eine Stotterertherapie mache, dann möchte ich mich von dem loslösen, was bisher war: sprachliches Scheitern in fast allen Situationen. Ich möchte da raus, und das versuche ich, indem ich zusammen mit meinem jeweiligen Therapeuten ein System aufstelle, nämlich das System der „Therapie“. Sie hat die Funktion des Wiedererlangens kommunikativer Fähigkeiten, und in ihr ist der binäre Code enthalten: alter Zustand/neuer Zustand, wobei der alte Zustand, das Stottern, die Umwelt des Systems ist.


    Ich lerne innerhalb der Therapie eine Sprechtechnik, die mein Sprechen verflüssigen soll. Das hat eine Zeit lang, besonders während der Therapie, eine gute Wirkung. Ich spreche weitestgehend fließend, aber es gibt immer noch die Gefahr des Rückfalls. Denn alte Sprechmuster sind einfach schon zu lange eintrainiert. Der Rückfall klopft ununterbrochen gegen die Tür des Systems Therapie.


    Fahre ich dann wieder nach Hause, werde ich mit alten Situationen konfrontiert. Situationen, in denen ich noch nie sprechen konnte. Und wenn ich dort sprechen muss, wenn ich in den alten Stress zurückgedrängt werde, dann kann es sehr schnell gehen, dass die Überzeugung, dort nicht sprechen zu können, die negative Seite meines binären Codes (alter Zustand) verstärkt und die positive von der Bahn drängt. Wenn ich dies einmal geschehen lasse, gelingt es der negativen Seite immer öfter, in dem System Therapie die Oberhand zu gewinnen. Irgendwann ist der alte Zustand ständig dominant, und das System Therapie löst sich auf. Was bleibt, ist die Umwelt: das ständige sprachliche Scheitern.


    Wenn ein Stotterer so weit ist, stellt er meistens zwei Dinge in Frage: 1. sich selbst und 2. die Therapie. Er versucht andere Therapien und kommt nach mehrjährigem „Systemhopping“ wahrscheinlich zu dem Schluss, dass er Punkt 2 streichen und Punkt 1 in Ehren halten sollte: „Ich schaffe es nicht! Ich bin therapieresistent!“


    Es ist längst bekannt, dass die meisten Stotterer zu diesem Punkt kommen. Was meines Erachtens die wenigsten Stotterer wissen, ist, dass die Umwelt nicht das ganze Universum sein muss. Es gibt nämlich auch noch eine die Umwelt umschließende Welt, und genauso wie die Umwelt die Summe von Systemen ist, verhält es sich mit der Welt: in ihr tummeln sich diverse Umwelten – das funktioniert ähnlich wie mit den Holzpuppen, die immer noch kleinere Puppen enthalten.


    Wenn der alte Zustand, das sprachliche Scheitern, die Umwelt des Systems Therapie ist, dann kann aber dieser alte Zustand dennoch eine eigene Umwelt haben. Was sorgt dafür, dass die Menschen sprechen können? Ihr Atem, genau. Der Atem bringt die Stimmbänder zum Schwingen, und die Stimmbänder wiederum erzeugen Laute.


    So gesehen kann der „alte Zustand“ auch ein System sein, bestehend aus dem binären Code: Atmen/Nicht atmen. Wenn ich stottere, atme ich nicht. Ich befinde mich auf der negativen Seite des Codes. Aber – und das ist eine schöne Erkenntnis – das Atmen steht über dem Sprechen. Ich atme öfter, als dass ich spreche. Und das Atmen (wenn ich kein Asthmatiker bin) erzeugt keinen Gedankenstress. Denn ich kann in jeder Situation atmen und habe mir das schon oft (wenn auch unbewusst) bewiesen!


    Wenn ich diesen Denkansatz weiterspinne, brauche ich kein neues System „Therapie“, das sich gegenüber meinem alten Zustand abgrenzt, sondern ich brauche eine Möglichkeit, aus dem System „alter Zustand“ zurückzufallen in einen noch älteren Zustand, zurückzufallen in meinen Atem. Wenn ich das schaffe, ist es viel schwerer, in meine Stottergewohnheiten hineinzurutschen, denn ich möchte ja gar nicht mehr sprechen, sondern ich möchte atmen und dadurch meine Stimmbänder ganz natürlich zum Schwingen bringen – ohne einen einzigen Gedanken daran zu verschwenden. Wenn ich nicht mehr versuche zu sprechen, kann es auch kein Scheitern mehr geben, und kein alter Misserfolg kann sich in mein Sprechen einschleichen.


    Da mein Atem mich am Leben hält, darf ich ihn auch immer benutzen. Ich müsste, um in mein Stottern hineinzukommen, also keinen Rückfall aus dem System „Therapie“ in die Umwelt „alter Zustand“ erleiden, sondern ich müsste willentlich meinen Wunsch zu atmen aufgeben – was gleichbedeutend ist mit dem willentlichen Aufgeben des Wunsches zu leben – und müsste mich entscheiden, wieder sprechen und somit Sprechangst erleben zu wollen. Da dies bestimmt niemand möchte, wird nun geklärt, wie man es erreichen kann, in seinen Atem zurückzufallen.

    [size=6]Verstehsse?[/size]





    Die Stotterertherapie als System gesehen



    Es ist schon überwältigend zu sehen, welche große Wirkung eine Theorie haben kann. Wenn man es schafft, eine schlüssige Theorie vollständig in die Praxis zu übertragen, kommt man dem Schluss immer näher, dass „es wirklich Geheimnisse gar nicht gibt“. (Kernspecht, Keith: Vom Zweikampf)


    Ein Soziologe namens Niklas Luhmann machte sich im letzten Jahrhundert daran, zu erklären, warum die „Gesellschaft“ die Summe von Systemen sei. Er konstruierte die „Systemtheorie“, die auf den ersten Blick arg kompliziert zu sein scheint. Da der erste Blick ja oft entscheidend ist, meine Beobachtung aber für die Therapie von Stotterern von großer Bedeutung sein kann, beginne ich nun mit der viel besser eingängigen Praxis, um die es mir im Grunde sowieso geht.


    Mit etwa einer Million Menschen in diesem Land teile ich ein Phänomen, das es schon viele Jahre länger gibt als die Systemtheorie: nämlich das Stottern. Auch wenn es viele Therapieansätze dafür gibt, ist das Problem noch nicht tief genug erforscht worden, als dass es „die“ Therapie dafür gäbe. Ganz im Gegenteil ist es eher so, dass die meisten Stotterer eine Therapie nach der anderen ausprobieren und ab einem gewissen Lebensalter resignieren und vorgeben, sie akzeptierten diesen Zustand. Es könnte stimmen, dass sie es wirklich akzeptieren, allerdings spricht eines dagegen: sie stottern immer noch!


    Wenn ich tatsächlich etwas akzeptiere, warum soll ich mich dann immer noch dagegen wehren? Sieht man sich aber einen Stotterer an, der sein Stottern angeblich akzeptiert, so stellt man fest, dass er versucht, seine Wörter mit Kraft herauszubekommen. In dem Moment des Sprechens kämpft er mehr oder minder stark mit seinem Stottern, er verwendet Muskelkraft, um sein Stottern zu besiegen.


    Würde er es wirklich akzeptieren, bräuchte er diese Muskelkraft nicht mehr aufzubringen. Denn dann könnte er sich bildlich gesprochen mit seinem Stottern zusammensetzen und ihm sagen: „Hör mal zu, ich weiß, dass du dich hier wohl fühlst. Aber wenn du schon da bleibst, dann lass uns doch einfach einen Deal machen: du darfst bei mir bleiben, dafür musst du mir aber erlauben, so locker zu sprechen, wie ich das will.“


    Das, was einen Stotterer daran hindert, sein Stottern so wie es ist hinzunehmen, ist die Tatsache, dass es sich besonders dann gerne zeigt, wenn der Stotterer unbedingt sprechen möchte, wenn er also an das Sprechen denkt. Viele Stotterer haben in den Momenten die größten Probleme, in denen sie zum Beispiel ein Referat halten oder eine mündliche Prüfung ablegen müssen. Denn dann denken sie daran, dass vom Sprechen alles abhängt. Aber war es denn nicht schon immer so, dass besonders in solchen Momenten das Versagen vor der Tür stand? In dem Moment des über das Sprechen Nachdenkens melden sich genau diese alten Erinnerungen in einer so großen Intensität, dass die Erinnerungen schließlich um eine weitere ergänzt werden: nämlich um diejenige, die gerade in der Produktion ist.


    Wenn ich als Stotterer darüber nachdenke, dass ich gleich sprechen muss, und gleichzeitig die alten Versagenserlebnisse wieder wach werden, die mich in Angst vor einem weiteren Versagenserlebnis versetzen und schließlich das erneute Scheitern begründen, dann entsteht etwas, das sich „binärer Code“ nennt. Der Sieg (ein erfolgreiches Referat) steht der Niederlage (vollkommener sprachlicher Kontrollverlust) in einer krassen Weise gegenüber. Entweder ich halte dieses Referat fließend oder ich stürze ab in das Stottern, dass in einer solchen Situation ganz bestimmt nicht harmlos sein wird. Meine Gedanken drehen sich nur noch um diesen binären Code: Sprechen/Stottern, Sieg/Niederlage, Bestanden/Nicht bestanden etc. Meine Gedanken kreisen, genau. Sie schließen diese innere Diskussion ein. Und all das, was meine Gedanken umgibt, ist Chaos. Meine gesamte Umwelt besteht nur noch aus einem Durcheinander. Hier raschelt jemand mit seinem Papier, da niest jemand, dort wird jemand ungeduldig, draußen fährt ein Auto vorbei, ein Handy klingelt.


    Lasse ich dieses Chaos in mich hinein, lasse ich es mich kontrollieren und in meine Gedanken eintreten, dann ist es wahrscheinlich, dass der binäre Code Sieg/Niederlage auseinander fällt: der Teil der Niederlage in den Gedanken wird so stark, dass er die Gedanken an den Sieg vollkommen ausschließt. Die Möglichkeit, siegen zu können, wird gar nicht mehr in Betracht gezogen, nur noch die Niederlage ist Thema. Und das Chaos, das gerade noch Umwelt war, nimmt mich nun vollends ein. Chaos ist außen, Chaos ist innen, Chaos ist überall. Die Umwelt verschluckt meine Gedanken, wie das Weltall den Raum eines erloschenen Sterns einnimmt. Und dann fange ich an, mich zu wehren. Ich möchte raus aus diesem Zustand und merke nicht, dass es gar kein „Raus“ mehr gibt. Wenn alles in mir und um mich herum Chaos ist, dann sitze ich in ihm fest wie ein Fahrstuhl-Phobiker in einem stehen gebliebenen Fahrstuhl. Ich habe verloren.

    Hi Kücho!



    In der Kasseler Methode lernst Du sogenannte "weiche Einsätze", die dafür sorgen sollen, dass im Falle eines Blocks die Wörter ohne Anstrengung herausgebracht werden. Ich habe diese Technik bei einer stationären Therapie in Bonn gelernt. Sie ist auch sehr wirksam.


    Was in Kassel dazukommt, ist die Möglichkeit, mit Hilfe eines Computerprogramms herauszufinden, ob die geübte Technik richtig ist. Wenn die Stimme zu hart einsetzt, gibt es eine Fehlermeldung.


    Das ist aber für uns Flankenfans nicht geeignet, denn wir setzen ja nicht mit weicher Stimme ein und machen somit laut Programm alles falsch.


    So ist das mit den Computern.


    Björn.

    Übertrag aus dem alten Forum
    Kuecho schrieb:



    Hallo,
    vor einiger zeit legte man mir die Kasseler Methode ans herz. angeblich kann man sich da ein computerprogramm runterladen das einem beim sprechen unterstützt indem es die stimme aufnimmt und fehler anzeigt.
    hat jemand damit erfahrungen? oder weis jemand was sich genau dahinter verbirgt? Evtl. kann man das programm zum üben zu hause benutzen?!
    Gruss
    Kuecho

    Hi Christian!


    Ich weiß nicht, ob Du am Donnerstag bei uns vorbeigekommen bist. Es war jedenfalls eine gute Sache, die da stattgefunden hat, und ich bin froh, dass der Hans und die Ana diese Idee hatten.


    Vielleicht trifft man sich ja bald mal in einem Stotterer-Training. Würde mich freuen.


    Björn.

    Danke, dass du so schnell geantwortet hast.
    Ich habe mir gerade mal die Videos auf der Seite angeguckt und bin wirklich fasziniert. Das Problem (vielleicht ist es auch gut) ist, dass ich nicht so stottere, wie der junge Mann in den beiden Videos. Ich "hänge" nur gelegentlich und kann auch ne ganze Zeit fließend sprechen (wenn ich mir konzentriere). Ich war auch schon bei einem Sprachtherapeuten, der aber meinte, dass ich einen "Sprachfehler" hätte und nicht stottern würde.
    Naja...da kannst du dir ja am Donnerstag selbst ein Bild von machen.


    Schönen Abend noch..


    mfg
    Christian

    Hallo, Christian!


    Schön, dass Du zu uns gestoßen bist. :) Natürlich bin auch ich am 4. dabei. Melde Dich einfach bei mir, dann können wir miteinander sprechen. Nach dem Training werden meine Antworten im Forum wieder ausführlicher, jetzt ist die Zeit ein wenig knapp.


    Ich freue mich auf Dich!


    Hans

    Übertrag aus dem alten Forum
    Christian schrieb:


    Hallo zusammen!


    Ich möchte mich hiermit vorstellen.
    Mein Name ist Christian, ich wohne in Dortmund, bin 18 Jahre alt und stottere seit meiner frühen Kindheit.
    Ich bin durch den Wochenkurier auf euch aufmerksam geworden und fand den Artikel sehr interessant, so dass ich jetzt natürlich mehr erfahren möchte. :)
    Erstmal ein großes Lob von mir, dass ihr das hier auf die Beine gestellt habt. Ich stelle mir das sehr befreiend vor, mit anderen "Leidensgenossen" über das Stottern zu diskutieren, da andere Leute ja nicht nachfühlen können, was in einem vorgeht.
    Ich werde auf jeden Fall bei dem Auftritt auf dem Reinoldi-Platz am 4. Juli dabei sein. Mich würde es interessieren, ob du ( Hans) auch kommst, da ich mich gerne ein wenig mit dir unterhalten würde. Natürlich würde ich auch die Anderen gerne kennenlernen. Es ist ja nicht oft, dass so eine Veranstaltung in Dortmund ihr Dasein findet.


    Auf ein gutes Community-Miteinander


    Christian

    Das geniale an der ganzen Sache ist jedoch, ich hab vergessen das zu erwähnen, dass ich den FM nur von August bis Dezember getragen habe und danach nicht wieder angefangen habe zu stottern. Vielleicht bin ich da ein Einzelfall, aber ich werde weiter an den FM glauben. Immerhin ist das ganze bei mir jetzt 4 1/2 Jahre her, und seit dem stottere ich nicht mehr oder so selten und wenig, dass es mich nicht stört.

    Hallo, phiphiphilip!


    Geräte wie der Fluency Master sind mir bekannt. Es gibt solche Apparate auch unter dem Namen DAF. Die Funktionsweise ist einfach. Allerdings sind mit einem FM nicht die Ursachen des Stotterns beseitigt. Wenn Du das Gerät ablegst, kommt das Stottern mit Sicherheit wieder. Auch sind die Langzeiterfolge umstritten. Tritt erst mal ein Gewöhnungseffekt ein, ....


    Aber die Grundidee ist genial. Wenn Du mal auf die Homepage zurück gehst, liest Du unter der Rubrik "Stottern/Konzept" den Satz: "Ein Phänomen ist besonders prägnant: das Stottern bleibt aus, wenn der Stotterer nicht auf sein Sprechen achtet oder achten kann!" Hier haben wir den Grund, warum ein FM bzw. DAF funktioniert.


    Ein solches Gerät betrachte ich als Krücke. Gut, es hilft, sprechen zu können. Aber ohne Krücke? In den Stotterer-Trainings nutzen wir das o.g. Phänomen. Aber nicht mit einem externen Gerät, sondern mittels unserer eigenen Wahrnehmung. Wir haben den "FM" also stehts dabei. Batterien sind auch nicht nötig. Ist das Stotterer-Training deswegen die nicht wunderbarste Wunderwaffe gegen das Stottern?


    Aber Spaß bei Seite, wenn man von Heilung spricht, ist bspw. das gebrochene Bein wieder zusammen gewachsen. Es wäre falsch, von Heilung zu sprechen, wenn der Gibs drum bleiben und ich mich Krücken bedienen muss, um von der Stelle zu kommen. Als Heilung des Stotterns sehe ich die Fähigkeit, jederzeit alles sagen zu können - ohne eine Sprech- oder Elektrotechnik nutzen zu müssen.


    Ein dauerhaft angewendeter FM kann sicherlich helfen, selbstsicherer zu werden. Das wäre schon ein großer Erfolg. Und es ist besser, sich Krücken zu bedienen, als hilflos liegen zu bleiben.


    Wenn Du magst, stell doch ein paar mehr Infos über den FM ins Forum. Vor allem Langzeitstudien wären interessant. Ich bin gespannt.


    Hans